ein Reisebericht von Simon Felix
Katalonien ist etwa so gross wie Belgien und gehört 2025 offiziell zu den Weltregionen der Gastronomie. Mit 62 Michelin-Sternen, rund 630 Weingütern und einer Küche, die Tradition mit Kreativität verbindet, hat die Region ihren Ruf als kulinarisches Paradies mehr als verdient.
Unsere Reise konzentrierte sich auf die Costa Brava – eine Region, die mehr als Strände und Hotelburgen zu bieten hat. Nicht nur die landschaftlichen Schönheit sowie die Sehenswürdigkeiten, sondern auch mit kulinarischer Vielfalt hat uns begeistert.
Sternegenuss im Empordà – Zwischen Michelin und Mittelmeer
Das Empordà im Norden Kataloniens begeistert nicht nur mit seinen Weinbergen und Olivenhainen, sondern auch mit einer bemerkenswerten Dichte an Genussadressen. Auf unserer letzten Reise haben wir zwei ganz besondere Restaurants besucht: das elegante Empòrium mit einem Michelin-Stern und grünem Stern für Nachhaltigkeit – sowie das stilvolle Norat in Roses, das mit regionaler Küche auf hohem Niveau überzeugt.
Hier trifft mediterrane Bodenständigkeit auf kreative Spitzenküche – oft mit Michelin-Ehren ausgezeichnet. Doch nicht nur Sternerestaurants prägen die Region. Von charmanten Bodegas mit raffinierten Tapas bis zu regional geprägten Hotelküchen: Überall spürt man die Nähe zu exzellenten Produkten, den Respekt für die Region und einen bewussten, oft nachhaltigen Umgang mit den Zutaten.
Empòrium – Sterneküche mit Bodenhaftung
Unser Besuch im Empòrium in Figueres war ein Highlight. Die Brüder Jordi und Màrius Jordà führen das Restaurant mit einem Michelin-Stern und einem grünen Stern für Nachhaltigkeit – völlig verdient. Die Küche setzt auf Regionalität, klare Aromen und eine natürliche Eleganz. Das Degustationsmenü bringt das Empordà mit Zutaten aus Garten, Meer und Umgebung auf den Teller, ohne Schnickschnack, aber mit großer Leidenschaft. Auch die Weinbegleitung war hervorragend abgestimmt – hier wird Gastfreundschaft wirklich gelebt.
Norat – Fine Dining in Roses
Etwas weniger bekannt, aber nicht weniger bemerkenswert war unser Besuch im Norat in Roses. Das elegante Restaurant im Hotel Terraza Spa serviert kreative Gerichte mit Fisch und Gemüse im Mittelpunkt. Marina, die herzliche Chefin des Hauses erläuterte uns charmant und mit Herzblut die passende Weinbegleitung – ein kulinarisches Erlebnis, das zeigt, wie vielfältig die Region ist.
Weine der Empordà
An der Costa Brava liegen unzählige Weingüter, die die Vielfalt und Qualität der Region Empordà eindrucksvoll widerspiegeln. Auf unserer Genussreise haben wir zwei davon besucht – grundverschieden in Charakter und Stil, aber beide auf ihre Weise faszinierend: das authentisch-naturnahe La Vinyeta und das elegante, mehrfach ausgezeichnete Peralada.
Persönliche Begegnungen: Weingut La Vinyeta
Weingüter gibt es viele – doch manche sind mehr als nur eine Station auf der Reise. La Vinyeta im Empordà ist so ein besonderer Ort für mich. Den Rotwein Puntiapart verkaufe ich mit grosser Freude in meinen Fernwehboxen, die ich während der Pandemie lanciert habe, um ein Stück Reiseflair nach Hause zu bringen.
Der Besuch auf dem Weingut war für mich deshalb mehr als eine Degustation – es war ein Ankommen an einem Ort, den ich gedanklich längst kannte. Josep Serra, der charismatische und leidenschaftliche Inhaber, lebt eine klare Philosophie: Weinbau im Einklang mit der Natur. Auf dem Weingut sind Hühner, Schafe und Bienen nicht nur Gäste, sondern aktive Partner im Ökosystem. Die Tiere sorgen für Biodiversität, düngen die Böden, halten das Gleichgewicht im Weinberg. „Wer gut zur Erde ist, bekommt gute Trauben zurück“, sagt Josep – und man glaubt ihm sofort.
Nach der eindrücklichen Führung durch das Weingut verkosten wir die vorzüglichen Weine – begleitet von regionalem Käse, Oliven und einer herzlichen Atmosphäre. Neben dem Puntiapart durften wir auch frische Weissweine degustieren. Alle spiegeln das Terroir des Empordà wider: mineralisch, ehrlich, lebendig.
Peralada – Wein, Architektur und Genuss
Ein besonders eindrücklicher Ort auf unserer Reise war das Weingut Peralada – ein Zusammenspiel aus exzellenten Weinen, moderner Architektur, stilvollem 5-Sterne-Hotel und eigenem Golfplatz.
Schon bei der Ankunft hat mich der klare, elegante Bau der Bodega fasziniert: modern, zurückhaltend und doch voller Charakter. Die Kellerei wurde nach höchsten Nachhaltigkeitsstandards errichtet und ist das erste Weingut Europas mit LEED-Gold-Zertifizierung. Was auf den ersten Blick kühl und minimalistisch erscheint, entfaltet beim Rundgang eine stille, fast kontemplative Atmosphäre.
Im Keller spürt man die Präzision und Sorgfalt, mit der hier gearbeitet wird. Holz, Beton, Glas und Stahl bilden den Rahmen für die Reifung sortenreiner Weine und Cuvées – im Barrique, Edelstahl oder Beton, ganz nach dem Charakter der Trauben.
Nach der Führung geniessen wir im Celler 1923 ein kreatives, geschmacklich fein abgestimmtes Mittagessen, bei dem die Weine perfekt mit den Gerichten harmonieren. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir ein frischer Garnatxa Blanca und ein eleganter Rotwein aus Samsó und Cabernet Sauvignon – beide mit Tiefe, Struktur und spürbarem Terroir.
Eines der besten Olivenöle der Welt – und ein Stück Basel im Empordà
Am Nachmittag erwartet uns ein besonderes Highlight: ein Besuch bei Fontclara, einem der renommiertesten Olivenölproduzenten Spaniens – und mit überraschender Verbindung zur Schweiz.
Herzlich empfangen werden wir von Nuri, der engagierten Direktorin des Betriebs. Mit spürbarer Leidenschaft führt sie uns durch die blitzsaubere Produktion, wo alles auf Qualität, Frische und Präzision ausgerichtet ist. Die Oliven werden wenige Stunden nach der Ernte verarbeitet – ein entscheidender Grund, warum Fontclara zu den besten nativen Olivenölen der Welt zählt. Kein Wunder, dass selbst Sterneköchin Tanja Grandits darauf schwört.
Anschließend geht es zum nahegelegenen Anwesen von Roland Zanotelli, dem Eigentümer – ein Unternehmer aus Basel, der sich mit Fontclara einen lang gehegten Traum erfüllt hat. Beim Spaziergang durch die Olivenhaine erzählt Nuri von Sorten, Böden und Mikroklima. Es ist still, die Luft duftet nach Kräutern, und wir spüren: Hier steckt Seele in jeder Flasche.
Auf der Terrasse erwartet uns eine professionelle Verkostung – in blauen Gläsern, ganz klassisch. Fruchtigkeit, Bitterkeit, Schärfe: Wir lernen, was ein echtes Spitzenöl ausmacht. Als später Roland persönlich dazustößt, wird es noch einmal besonders herzlich. Persönlich, echt und voller Leidenschaft – genau das bleibt.
Costa Brava erleben: Kultur, Kunst und Genuss zwischen Meer und Geschichte
Die Costa Brava hat mehr zu bieten als Strand und Party: antike Ruinen, Dalís surreale Kunst, mittelalterliche Gassen und ein überraschender Cocktail-Klassiker.
Kultur und Geschichte in Empúries – wo Griechen und Römer sich die Hand gaben
Direkt am Meer, nahe L’Escala, öffnet sich eine archäologische Schatzkammer, die mich sofort in ihren Bann zieht. Die Ruinen von Empúries gehören zu den bedeutendsten Stätten im gesamten Mittelmeerraum – und beim ersten Blick in das warme Licht der Nachmittagssonne wird klar: Hier haben sich vor über zweitausend Jahren zwei große Kulturen die Hand gereicht.
Zwischen zerfallenen Säulen, kunstvollen Bodenmosaiken und den Grundmauern antiker Villen und Tempel spüre ich die Vergangenheit lebendig werden. Besonders bewegt hat mich, dass wir während unseres Rundgangs Archäologen bei der Arbeit beobachten konnten – sie gruben vorsichtig und behutsam weiter aus, enthüllten Stück für Stück verborgene Schätze der Geschichte. Es fühlte sich an, als könnten wir Zeugen eines lebendigen Dialogs zwischen Vergangenheit und Gegenwart werden.
Der Gedanke, dass hier einst Händler aus aller Welt an Land gingen, während das Meer ihr Highway war und Empúries zum pulsierenden kulturellen Knotenpunkt wurde, gibt der Stätte eine besondere Magie.
Beim Schlendern durch das weitläufige Gelände fühlt es sich nicht an wie ein Besuch in einem Museum, sondern wie eine Reise durch die Zeit – mitten hinein in das Herz einer Zivilisation, die noch heute ihre Spuren hinterlässt.
Kunst in Figueres – Dali lässt grüßen
Als Bewunderer von Salvador Dalí war ich voller Vorfreude, in die fantastische Welt seines Theatermuseums in Figueres einzutauchen – einem Ort, der wie kein anderer die kreative Explosion des Surrealismus atmet und lebt. Dieses Museum ist kein gewöhnlicher Ausstellungsraum, sondern ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk, das der Künstler selbst entworfen hat.
Schon beim Betreten spürt man: Hier wird Kunst zu einem Erlebnis. Ein Cadillac, der mit ungewöhnlichen Wettereffekten spielt, Porträts, die sich beim Blickwinkelwechsel in völlig neue Motive verwandeln, und natürlich die ikonischen, weichen Uhren, die Dalís Genie und Vision perfekt verkörpern. Einfach genial und für Kunstliebhaber ist ein Besuch schlicht ein Muss.
Spaziergang durch Pals – Mittelalter zum Anfassen
Pals liegt auf einem sanften Hügel im Landesinneren, und kaum trete ich durch die alten Tore, scheint die Zeit für einen Moment stillzustehen. Die engen Gassen aus grobem Naturstein schlängeln sich verwinkelt durch das Dorf, Fensterbänke sind voller bunter Blumen, und über allem thront ein ehrwürdiger romanischer Turm, der Geschichten aus längst vergangenen Jahrhunderten erzählt.
Ich lasse mich treiben, spüre das Kopfsteinpflaster unter den Füßen, blicke neugierig in kleine Ateliers und schlichte Cafés, in denen die Zeit langsamer zu vergehen scheint. Immer wieder bleibe ich stehen, um den Blick über die weitläufigen Reisfelder schweifen zu lassen – die Sonne glitzert auf dem fernen Mittelmeer.
Pals ist kein lautes, spektakuläres Ziel. Es ist leise, fast geheimnisvoll, und genau das macht seinen Zauber aus. Eine besondere Ruhe legt sich auf die Seele, die ich noch lange mit mir tragen werde. Ein Besuch hier lohnt sich unbedingt – für alle, die das Echte und Zeitlose suchen.
Lloret de Mar überraschend anders – und was ein Daiquiri damit zu tun hat
Wer Lloret de Mar nur mit Partytourismus verbindet, wird überrascht: Die Küstenstadt an der Costa Brava hat auch eine ruhige, stilvolle Seite – und sogar eine Verbindung zu einem der berühmtesten Cocktails der Welt.
Unser Besuch beginnt in den Gärten von Santa Clotilde, einer grünen Oase hoch über dem Meer. Der Empfang unserer Reiseführerin ist herzlich, die Aussicht spektakulär: Zypressenalleen, Marmorstatuen und mediterrane Pflanzen schaffen ein Gartenkunstwerk im Stil der italienischen Renaissance. Bei einer geführten Tour tauchen wir in die Geschichte des Ortes ein und erleben, wie harmonisch Natur, Architektur und Meeresblick hier miteinander verschmelzen.
Im Anschluss erwartet uns ein besonderes Highlight: ein Daiquiri-Workshop unter freiem Himmel – mit Blick aufs funkelnde Mittelmeer und einer frischen Brise im Gesicht. Dass der berühmte Cocktail eine Verbindung zu Lloret hat, überrascht viele: Der in Lloret geborene Bartender Constante Ribalaigua perfektionierte den Daiquiri in den Bars von Havanna und machte ihn weltberühmt. In entspannter Atmosphäre lernen wir, wie aus Limette, Zucker und Rum ein köstlicher Klassiker wird – ausgewogen, erfrischend und perfekt gemixt. Ein genussvoller Moment.
Von der Costa Brava ins Penedès – Wo Wein Geduld und Leidenschaft atmet
Am Ende unserer Reise von der Costa Brava führte uns der Weg ins Penedès – in eine Region, in der Wein nicht nur produziert, sondern regelrecht zelebriert wird. Der Keller von Torres hat mich sofort in seinen Bann gezogen: eine stille, unterirdische Welt, in der Handwerk, Zeit und Hingabe spürbar werden.
Schon beim Betreten beeindruckt die Atmosphäre – kühl, leicht feucht, das Licht bewusst gedämpft. Die langen Reihen aus Barriques liegen nicht einfach da – sie sind kunstvoll inszeniert. Warmes Licht fällt gezielt auf die Fässer, hebt Strukturen und Maserungen hervor, lässt die Farben des Holzes leuchten. Es fühlt sich beinahe an wie in einer Kathedrale des Weins.
Faszinierend ist, mit welcher Präzision hier gearbeitet wird: Jede Rebsorte hat ihren eigenen Bereich, ihre eigene Reifezeit, ihr eigenes Holz – französische oder amerikanische Eiche, je nach Stilistik. Kräftige Rotweine wie Cabernet Sauvignon dürfen länger lagern, während feinere Sorten wie Garnacha behutsamer ausgebaut werden.
Zum Abschluss lauschen wir den Worten von Miguel A. Torres Riera, der eindrücklich schildert, warum Katalonien zu den spannendsten Genussregionen Europas zählt. Und während wir später auf diese Reise anstossen, klingt in mir vor allem eines nach: der tiefe Respekt für das, was hier mit Geduld und Leidenschaft entsteht.